Ziel: Immunzellen schlauer als der Krebs
Die Deutsche Krebshilfe fördert ein Projekt von Prof. Dr. Michael Hölzel von der Uni Bonn mit 1,5 Millionen Euro
Krebszellen können sich ständig verändern und sich auf diese Weise dem Immunsystem entziehen. Prof. Dr. Michael Hölzel vom Institut für Experimentelle Onkologie der Universität Bonn entwickelt eine Immuntherapie gegen schwarzen Hautkrebs weiter: Er will die Tumorzellen, die sich gerade unsichtbar machen wollen, mit „schlauen“ Immunzellen in die Zange nehmen. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Vorhaben im Rahmen ihres neuen „Exzellenzförderprogramms für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ in den kommenden fünf Jahren mit 1,5 Millionen Euro.
Das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) ist ein bösartiger Hautkrebs, der von den pigmentbildenden Melanozyten in der Haut ausgeht. “Melanozyten sind für uns sehr wichtig, um unsere Haut und unseren Körper vor schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlung zu schützen”, sagt Prof. Dr. Michael Hölzel, Direktor des Instituts für Experimentelle Onkologie am Universitätsklinikum Bonn. “Eine Eigenschaft des Melanoms ist, dass es früh dazu neigt, im Körper an verschiedenen Stellen Metastasen zu machen.”
Das Immunsystem nutzt eine Art Fahndungsfoto
T-Zellen sind Teil des Immunsystems und eine Art Gesundheitspolizei im Körper. Sie erkennen die bösartigen schwarzen Hautkrebszellen (Melanomzellen) an besonderen Merkmalen auf ihrer Oberfläche – ähnlich dem Fahndungsfoto eines Einbrechers. Um im Bild zu bleiben: Melanomzellen sind leider schlau und können ständig ihr Äußeres verändern. Sie passen sich der Fahndung der Polizei an und fallen dadurch durchs Raster. “Seit vielen Jahren untersuchen wir zusammen mit anderen Forscherteams, welche Einflüsse das Erscheinungsbild von Melanomzellen verändern – hierzu zählen zum Beispiel Entzündungssignale im Tumorgewebe”, sagt Hölzel. T-Zellen können indirekt auch Mutationen im Erbgut der Melanomzellen erkennen. Diese besonderen Merkmale werden Neoantigene genannt. Jedoch ist wenig darüber bekannt, wie sich Melanomzellen gegen diesen Neoantigen-Scan tarnen.
Der Wissenschaftler möchte in dem von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekt untersuchen, wie sich die T-Zellen als Gesundheitspolizei gezielt auf diese Tricks der bösartigen schwarzen Hautkrebszellen vorbereiten lassen. “Diese immunologische Zange sorgt dafür, dass die Melanomzellen im Idealfall daraus nicht mehr entkommen können”, erklärt Hölzel. Wenn dies gelingt, dann ließen sich aus diesem Prinzip neue Therapieverfahren ableiten, von denen eine bessere Wirksamkeit zu erwarten ist.
Außerdem soll die grundlegende Frage untersucht werden, warum spontan so verschiedene Melanomzellen entstehen, die sich in ihren Oberflächenmerkmalen unterscheiden. “Im Projekt gehen wir der Frage nach, ob dabei auch der Zufall eine Rolle spielt – als würde der Würfel darüber entscheiden, welche Eigenschaften eine Melanomzelle hat”, sagt der Wissenschaftler. Wenn dies der Fall ist: Wie funktioniert so ein molekulares Würfeln? Wie könnte man neue Therapien wie Tumorvakzine weniger anfällig gegen die Macht des Zufalls machen?
In den vergangenen Jahren gab es Fortschritte bei dem Versuch, das Immunsystem gegenüber Tumorzellen des schwarzen Hautkrebses “scharf” zu machen. “Aber nur ein Teil der Patienten profitiert davon, und die Erkrankung kommt häufig wieder”, sagt Hölzel. “Damit besteht ein großer Bedarf an besseren Therapien, die quasi schlauer sind als der Tumor.”
Michael Hölzel ist Mitglied im Exzellenzcluster “ImmunoSensation2” sowie in den Transdisziplinären Forschungsbereichen “Mathematik, Modellierung und Simulation komplexer Systeme” sowie “Leben und Gesundheit” der Universität Bonn.
Hohes Risiko – hoher Gewinn
Im Rahmen ihres neuen „Exzellenzförderprogramms für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ fördert die Deutsche Krebshilfe insgesamt sechs besonders innovative, aber auch „gewagte“ Projekte (‚High Risk – High Gain‘). „Wir möchten den Forschenden damit den nötigen finanziellen und zeitlichen Freiraum geben, um richtungsweisende Ideen zur Prävention, Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen umzusetzen und konzeptionell neue Wege zu gehen“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Wir sehen darin die Chance auf einen wesentlichen Erkenntnisgewinn und das Potenzial, die Krebsmedizin entscheidend voranzubringen.“ Für das Programm hat die Deutsche Krebshilfe insgesamt rund 8,7 Millionen Euro für fünf Jahre bereitgestellt.
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Michael Hölzel
Direktor des Instituts für Experimentelle Onkologie
Universitätsklinikum Bonn
Tel. +49-228-28712170
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Bild oben: Gewebeprobe eines Melanoms in starker Vergrößerung:
Unterschiedlich angefärbt sind dabei Erkennungsmerkmale von Melanomzellen. Das bunte Erscheinungsbild verdeutlicht die Wandlungsfähigkeit der Melanomzellen.
Bildnachweis: Roberta Turiello
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr über 400.000 Patient*innen betreut, es sind 8.300 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,3 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr rund 600 junge Menschen in anderen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, weist den vierthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte 2020 als einziges der 35 deutschen UKs einen Leistungszuwachs und die einzige positive Jahresbilanz aller UKs in NRW.
CIO Bonn des Universitätsklinikums Bonn: Das Centrum für Integrierte Onkologie (CIO Bonn) ist das interdisziplinäre Krebszentrum des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und des Johanniter-Krankenhauses Bonn. Unter seinem Dach arbeiten alle Kliniken und Institute des UKB zusammen, die sich mit der Diagnose, Behandlung und Erforschung aller bösartigen Erkrankungen befassen. Das CIO Bonn gehört zum bundesweiten Netzwerk ausgewählter Onkologischer Spitzenzentren der Deutschen Krebshilfe. Gemeinsam gestaltet dieser Verbund „Centrum für Integrierte Onkologie – CIO Aachen Bonn Köln Düsseldorf“ die Krebsmedizin für rund 11 Millionen Menschen.